28.05.1946: Explosion in Dailly
Kurz vor Mitternacht erschütterten vor 75 Jahren drei Explosionen den Talkessel. In der Festung Dailly starben zehn zivile Arbeiter bei der Detonation von Munition und an den freigesetzten Gasen.
Der Ablauf
Die Explosion in der Nacht vom 28. auf den 29. Mai 1946 ereignete sich in der Galerie d’Aiguille. Es handelte sich dabei um eine kurz vor dem Aktivdienst begonnene neue Anlage im Fort Dailly, die vor allem aus einem 500 Meter langen Gang besteht, von dem aus nach Norden und Süden Zugänge zu je einer Batterie 10,5 cm-Kanonen, drei Munitionsmagazinen und einer Energiezentrale abzweigen.
Die Munitionsmagazine enthielten je 5’500 Stück 10,5 cm-Granaten, ferner eine Anzahl 24 mm-Tankbüchsen-Munition, Handgranaten und Gewehrmunition. Die letzte Revision der Munition erfolgte im April 1945. Jedes Magazin enthielt eine Klimaanlage System Carba.
Über der elektrischen zentrale waren drei Dieselmotoren (Sulzer) untergebracht sowie ein Rohölreservoir von 187’000 Liter Fassungsvermögen. Zum Zeitpunkt der Explosion waren 105’000 Liter eingefüllt. Nahe der neugebauten Galerie d’Aiguille befand sich auch die Kaserne XIV mit zwei Kohleheizungen.
Am Tag vor der Explosion wurden die Munitionsmagazine kontrolliert, im Verlaufe des Explosionstages auch die Tankanlagen. Ab 18 Uhr war kein Militärpersonal mehr in der Anlage, jedoch in der Kaserne XIV zivile Arbeiter. Nachts wurde auch in der Kaserne XII gearbeitet. Fünf der neun dort eingesetzten Arbeiter in der Kaserne XII wurden bei der Explosion getötet.
Weitere neun Mann waren im Stollen der Standseilbahn Dailly-Savatan an der Arbeit. Diese unterirdische Verbindung wurde neu erstellt. Zwei Arbeiter waren in der Bergstation, drei etwa 80 Meter tief im Stollen, die vier anderen nochmals 200 Meter tiefer. Fünf der Arbeiter im oberen Bereich wurden getötet, als am 28. Mai 1946 um 23.38 Uhr nacheinander drei Explosionen erfolgten. Jede begann mit einer starken Lichterscheinung, gefolgt von einem Knall und der mehr oder weniger ergiebigen Streuwirkung von Steinen und Geschossteilen auf die umliegenden Hänge, teilweise sogar bis auf das Dorf Morcles.
Die Schäden
Von der Batterie Nord wurden die Geschütze Nr. 2 und 3 samt den Scharten vernichtet und hinausgeschleudert. Von der Batterie Nord wurden die Geschütze 3 und 4 zerstört. Der Wad ausserhalb der Galerie wurde beidseits aller Scharten in der Breite von etwa 50 Metern teilweise zerstört, teilweise verbrannt.
In der Galerie selbst wurden folgende Schäden dokumentiert worden:
- die Bergstation der Luftseilbahn wurde stark beschäftigt und der oberste Mast geknickt;
- eine alte Haubitzstellung wurde mitsamt dem 12 cm-Geschütz weggeschleudert;
- die Kaserne XIV und die elektrische Hauptleitung waren stark beschädigt;
- die Rohöltanks waren gespalten und der Inhalt war ausgeflossen.
- Die Kaserne XII war teilweise eingestürzt. Fünf Tote.
- Die Explosionsstelle setzte sich weiter in Richtung der alten Festungsanlagen, aber ohne noch gross Schaden verursacht zu haben.
- Die Gase drangen bis nach Savatan hinunter, auf der Seilbahn-Baustelle fünft Tote.
- Alle Munitionsmagazine der Galerie d’Aiguille mit der gesamten eingelagerten Munition wurden zerstört.
Die Ursache
Als erstes explodieret das Munitionsmagazin Nr. 1. Dies hatte noch nicht so verheerende Folgen, entzündete dann aber Magazin Nr. 3 und zuletzt das Magazin Nr. 2. Es konnte schliesslich nicht mit Sicherheit abgeklärt werden, was die Explosion in Dailly ausgelöst hat. Vermutet wurde die Zersetzung von Nitrozellulosepulver in den Ladungen. Jedoch änderte sich der Umgang der Armee mit Munition durch das Ereignis nachhaltig. Die Sicherheitsmassnahmen wurden erhöht und nach deren vollständiger Umsetzung fanden keine vergleichbaren Unglücke mehr statt.
1946 umfasste die versicherte Summe aller Festungswerke 86 Millionen Franken. Auf die Festung St. Maurice entfallen davon 53 Festungswerke mit 39 Millionen Franken. Damit waren die technischen Einrichtungen, Waffen und Munition gedeckt, nicht aber die eigentlichen baulichen Anlagen (Stollen und Kavernen). Die bei der Versicherung angemeldete Schaden wurde mit 5,4 Millionen Franken angegeben.
Die eingeführten Massnahmen umfassten unter anderem eine getrennte Lagerung von Zündern, Granaten und Ladungen. Diese Arbeiten waren am 19. Dezember 1947 im grossen Nachschubmunitionslager Mitholz noch nicht abgeschlossen, als dort fast zur gleichen Tageszeit wie in Dailly Munition in die Luft flog und neun zivile Todesopfer forderte. Mehr zu diesem Ereignis erfahren Sie im Buch «Die Schreckensnacht von Mitholz».
Die zerstörte Festung Dailly wurde in den Folgejahren neu und den aktuellen Anforderungen angepasst wieder aufgebaut und bewaffnet, unter anderem wurden die beiden einzigartigen 15 cm-Panzertürme eingebaut.