Neuer Erinnerungspfad in der Fortifikation Hauenstein

Am 23. Mai 2024 hat Landratspräsident Pascal Ryf im Rahmen der offiziellen Einweihung den Erinnerungspfad zum Ersten Weltkrieg in der Fortifikation Hauenstein eröffnet. Der drei Kilometer lange Pfad inmitten der Juralandschaft der Bölchen-Region bietet die Möglichkeit, die Geschichte und Bedeutung der einstigen Fortifikation Hauenstein anhand von zwölf Informationstafeln zu entdecken.

Der Erste Weltkrieg wird in der Schweiz oft als «vergessener Krieg» bezeichnet, da er in der schweizerischen Geschichtskultur eine untergeordnete Rolle spielt. Im kollektiven Gedächtnis wird er vom Zweiten Weltkrieg überlagert, obwohl er eine zentrale Zäsur sowohl für die Weltgeschichte als auch für die schweizerische Geschichte darstellt. Die Schweiz blieb zwar von Massensterben in den Schützengräben verschont, doch als eng mit dem Ausland verflochtener Staat und vollständig von kriegsführenden Ländern umgeben, erlebte sie den globalen Konflikt keineswegs nur am Rande.

Um den «Vergessenen Krieg» wieder stärker ins Bewusstsein zu rücken, wurde der Erinnerungspfad auf den Jurahöhen eröffnet. Entlang des drei Kilometer langen Wanderwegs zwischen Bölchen- und Lauchflue vermitteln zwölf Informationstafeln eine historische Annäherung an die Zeit des Ersten Weltkriegs aus Schweizer Perspektive. Die Tafeln sollen Interesse wecken und zu einer vertieften Auseinandersetzung anregen, die über die militärische Landesverteidigung hinausgeht.

Zweck der Fortifikation

Die Co-Kuratoren des Pfades, Christoph Rast und Christian Rieder, beleuchten auf den Tafeln den strategischen und operativen Zweck der Fortifikation Hauenstein, das Leben der Soldaten und die Herausforderungen für die Zivilbevölkerung im militärischen Sperrgebiet. Sie werfen Schlaglichter auf soziale, politische, wirtschaftliche und kulturelle Aspekte der Zeit und regen zu einem Nachdenken über aktuelle Fragen wie Neutralitätspolitik, Bündnisse, Friedensbemühungen und Versorgungssicherheit an.

Bei der offiziellen Einweihung des Erinnerungspfades zum Ersten Weltkrieg waren zahlreiche Landrätinnen und Landräte, Vertreterinnen und Vertreter aus den Gemeinden, Behörden, Tourismus und Gastronomie sowie die Grundstückeigentümer anwesend.

In seiner Eröffnungsrede betonte Pascal Ryf die Bedeutung der Erinnerungskultur für das kritische Denken und die Reflexionsfähigkeit. «Wir alle können aus der Vergangenheit lernen und zur Gestaltung einer besseren Zukunft beitragen», sagte Ryf. «Wir werden ermutigt, aktiv an der Gesellschaft teilzunehmen und uns an der Gestaltung einer positiven Zukunft zu beteiligen.»

Christian Rieder betonte die Relevanz des Ersten Weltkriegs für das Verständnis vieler Entwicklungen im 20. und 21. Jahrhundert. Er hob hervor, dass der Pfad über das Militärhistorische hinausgeht und die Lebenswelt der damaligen Menschen beleuchten soll. Die Tafeln sollen eine Familienwanderung bereichern und auch Geschichtsinteressierte ansprechen.

Für Wanderfans ideal

Baselland Tourismus hat den Erinnerungspfad in die Wanderregion Bölchen eingebettet und schlägt verschiedene Wanderrouten vor. Michael Kumli, Geschäftsführer von Baselland Tourismus, unterstrich die landschaftlichen Reize der Region und empfiehlt die Anreise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nach Langenbruck als idealen Ausgangspunkt für Wanderungen und Outdoor-Aktivitäten.

Der Erinnerungspfad zum Ersten Weltkrieg in der Fortifikation Hauenstein bietet eine einzigartige Möglichkeit, Geschichte inmitten der Natur zu erleben und lädt dazu ein, die Lehren der Vergangenheit zu reflektieren und auf die heutige Zeit zu übertragen.


Fortifikation Hauenstein

Die Fortifikation Hauenstein war ein fast 50 Kilometer langer Befestigungsgürtel, der im Ersten Weltkrieg zur defensiven und offensiven militärischen Verteidigung um den strategisch wichtigen Verkehrsknotenpunkt Olten angelegt wurde. Als Brückenkopf sollte sie im Ernstfall gleichzeitig den Einmarsch kriegsführender Armeen ins Mittelland verhindern. Unmittelbar nach Kriegsausbruch im Sommer 1914 entstanden im Rahmen der Grenzbesetzung in zwei Millionen Mannarbeitsstunden auf den Baselbieter und Solothurner Höhenzügen rund fünfhundert militärische Bauten: 34 Kilometer Schützengräben, Verbindungsgräben, Stellungen für 150 Artilleriegeschütze, Munitionsdepots, Gewehrgalerien, Beobachtungs- und Scheinwerferstände, Telefoninstallationen, Maschinengewehrstellungen, Unterstände für die Soldaten, Latrinen, Sanitätsposten, Trinkwasserreservoire, Küchen, Truppenunterkünfte, 25 Kilometer Gebirgsstrassen und Dutzende Kilometer Wegbauten, Saum- und Fusswege. Ausgelegt war die Fortifikation für eine Besatzung von bis zu 45’000 Soldaten mit 6’500 Pferden. Das gesamte Gebiet, mit einer gleich grossen zivilen Bevölkerung, wurde zum militärischen Sperrgebiet erklärt. Die Fortifikation Hauenstein spielte in der strategisch-operativen Planung zur militärischen Verteidigung der neutralen Schweiz eine tragende Rolle. Sie steht gewissermassen sinnbildlich für die bewaffnete Neutralität ihrer Zeit. Nach aktuellem Forschungsstand dürfte sie ihrer dissuasiven Wirkung wegen, also mit ihrer abschreckenden Wirkung im Gesamtkontext der Schweizer Neutralitätspolitik betrachtet, ihren Zweck tatsächlich erfüllt haben. Nach Kriegsende im November 1918 wurden störende Bauwerke zugeschüttet und viele Infrastrukturanlagen wieder rückgebaut, die meisten Schützengräben wurden verfüllt. Was übrig blieb, hat sich die Natur seither weitestgehend zurückerobert. Letzte Spuren und Fragmente der einstigen Anlagen sind aber noch sichtbar. Sie sind heute ein Zeugnis der Schweizer und europäischen Geschichte und regen zu Reflexionen über Fragestellungen an, die sich für die Schweizerinnen und Schweizer heute erneut stellen – frappierend ähnlich wie schon vor über einem Jahrhundert.

Foto: Diego Sonderegger

 

Foto: Diego Sonderegger