Das Artilleriewerk Sasso da Pigna wurde im 2. Weltkrieg als Teil des «Réduit national» gebaut. Die Anlage war von 1943 bis 1999 operativ. Während dieser Zeit erfolgten kleinere technische Anpassungen. Im wesentlichen ist jedoch der ursprüngliche Zustand von 1945 (Abschluss der Bauarbeiten) erhalten geblieben. Mit ihren 2,4 km Stollenlänge und über 8’000 Quadratmeter Nutzfläche gehört die Anlage zu den grössten ihrer Art im Raum Gotthard.
Die Anlage verfügte über einen sehr hohen Autorkiegrad. Wasser-, Lebensmittel-, Munitions- und Treibstoffvorräte genügten, um für Monate unabhängig von der Aussenwelt überleben zu können. Mit ihren vier Geschützen konnte sie Ziele in der Leventina (Batterie Ost) sowie im Bedretto-Tal und auf dem Passo San Giacomo (Batterie West) bekämpfen. Zudem konnte die Besatzung die Aussenverteidigung im Hospizbereich mit eigenen Mitteln sicherstellen. Diese Autonomie verlangte entsprechend viel Personal. Die Unterkünfte boten für ca. 500 Mann Platz.
Die Bauarbeiten beginnen am 8. September 1941, wobei ein Jahr später die Bauleitung grundlegende Projektänderungen vornimmt. Sie lässt den Unterkunftstrakt nun dort errichten, wo er sich heute befindet (Fort-Abschnitt B). Ein neues Bauprogramm wird ausgearbeitet. Die Bauleitung entscheidet im Oktober 1942, in der Batterie West bis zur Lieferung der 15 cm Festungskanonen 42 zwei mobile 10,5 cm Kanonen provisorisch einzubauen.
Im Juli 1943 ist Baubeginn beim Fort Abschnitt B (Unterkunftsteil und Haupteingang). Die zwei 10,5 cm Kanonen sind schussbereit. Zwei weitere 10,5 cm Kanonen werden im Oktober 1943 eingebaut, womit alle vier Geschützstellungen provisorisch mit diesem Kaliber ausgerüstet sind. Im September 1944 sind die 15 cm Bunkerkanonen 42 schussbereit. Ende Jahr erfolgt die provisorische Übergabe des Fort-Abschnitts A an die Truppe (Fest Art Kp 27). Der Fort-Abschnitt A ist Ende Juli 1945 fertiggestellt, Ende 1945 die zweite Etappe (Fort-Abschnitt B). Der Bau der gesamten Anlage kostete insgesamt 10 Mio. Franken – fast das Doppelte des ursprünglich budgetierten Betrages. In den Jahren 1958-1959 erfolgt die Ausarbeitung von Ausbauplänen, die den Einbau von zwei weiteren Kanonen für mehr als 6 Mio. Franken vorgesehen hätten. Keiner dieser Pläne wird verwirklicht. 1997 erfolgt der letzte Wiederholungskurs der Fest Art Kp I/6 im Werk «Sasso da Pigna», 1999 wird die Anlage deklassiert.
Die Erlebniswelt und das Museum
2002 hat die Fondazione Sasso San Gottardo die ehemalige Armeeanlage vom VBS übernommen. Die Stiftung ist eine nicht-profitorienterte und private Organisation, welche bezweckt, die historische Gotthardfestung langfristig zu erhalten. Diese gilt als wertvolles historisches Kulturgut, das eng mit der jüngeren Landesgeschichte und dem Mythos Gotthard verknüpft ist.
Fondazione Sasso San Gottardo hat das ehemalige Artilleriewerk zu einem Museum umgebaut. Besucher können neben der «historischen Festung» auch die «Erlebniswelt Gotthard» besichtigen. Die ehemalige Transportbahn wurde zu einer Personenbeförderungsbahn umgebaut, damit zwischen den beiden Anlagen gependelt werden kann. Beide Bereiche bieten zahlreiche Ausstellungen. Unter anderem sind dies die Kristallwelt, die Wunderkammer oder die Bildmaschine Reduit sowie Sonderausstellungen über die ehemals geheime Widerstandsorganisation P26 oder den Kalten Krieg. Im Sommer 2020 eröffnet die neue Sonderausstellung im Gedenken an General Henri Guisan.
Jährlich erleben knapp 20‘000 Besucher Zeitgeschichte hautnah. Seit der Eröffnung im Sommer 2012 haben mittlerweile über 150‘000 Personen aus dem In- und Ausland Sasso San Gottardo besucht (Stand 31.12.2019).