A1680 Artilleriewerk La Braye
Die Geschichte des Werkes
Die Festung La Braye (Deckname Muguet) ist im Pays d’Enhaut ein grosses Artilleriewerk mit ursprünglich acht 10,5 cm Kanonen. Die letzten vier 10,5 cm Kan 35 sorgten bei der Liquidierung noch für Begeisterung.
«Im Ernstfalle könnte das Werk schon bezogen werden und ein gute Wirkung haben» ist in den Notizen des persönlichem Stabes des Generals vom 19. Juni 1944 nachzulesen. Und weiter: «Es wäre wünschenswert, wenn bei der fortlaufenden Anlieferung weiterer 10,5 cm Kanonen auch dieses Werk mit permanenten Waffen ausgerüstet werden könnte, damit die Sch Mot Kan Abt der Division wieder unabhängig würde. Da dies aber nicht absolut notwendig ist, entspricht die Bemerkung nur weiter entferntem Wunsche. Es fällt zudem auf, dass in der vom Armeekommando herausgegebenen Festungskarte der Schuss links von La Braye nicht nur den Col des Mosses überdeckt, sondern auch noch die Zufahrt zum Pillon bis Vers l’Eglise. Feststellungen an Ort und Stelle lassen erkennen, dass mit Schuss links jedoch allerhöchstens La Lécherette erreicht wird. Diese unrichtigen Angaben sollten korrigiert werden, da sie lediglich imstande sind, falsche Voraussetzungen zu wecken.» Eine Abbildung (Wirkungskarte der 1. und 2. Div) ist vorhanden im Freiburger Volkskalender von 2005 auf der Seite 87.
Die Anlage lag ursprünglich im Raum der 1. Division (Fest Br 10). Unterstellt war sie jedoch längere Zeit dem Fest Rgt 21, also der Reduit Br 21. Betrieben wurde sie in dieser Zeit durch die Fest Kp II/8. Zuletzt war sie wieder bei der Fest Br 10 (Wallis).
Weiter heisst es in den Notizen vom 19. Juni 1944: Die zwei grössten Werke im Sektor der 1. Division (La Braye und Gros Toss) werden erst im Laufe des Jahres 1945 fertig sein. Für diese beiden grossen Werke ist immerhin beizufügen, dass Geschütze auf Feldlafetten schon heute in Stellung gefahren werden können und eine behelfsmässige Unterbringung der Mannschaft möglich wäre. In Anbetracht des Umstandes, dass die 1. Div seit Sommer 1940, also seit 4 Jahren, in ihrem heutigen Sektor steht und die Kredite grösstenteils bereits 1941, spätestens aber 1942 zu Verfügung gestellt wurden, muss die Bauzeit als aussergewöhnlich lange bezeichnet werden. Es mag dies zu einem grossen Teil darauf zurückzuführen sein, dass das Kommando des1. Armeekorps dem Festungsbau zu wenig Beachtung schenkte und es unterlassen hat, die unterstellten Heereseinheiten zur Eile anzutreiben.
Feste oder mobile Geschütze?
Am 6. Juli 1944 vermerkt der persönliche Stab des Generals: Für die F. Art. Abt ist es nicht angenehm, bereits 1 Bttr in Festungswerken immobilisiert zu haben. Solange der Kampf im Reduit aufgenommen wird, mag mit diesen Zuständen auszukommen sein, obschon auch da die Truppenführer ihre Waffen sicherlich lieber beweglich hätten. Bedenklich wird es aber, wenn die Div je das Reduit verlassen sollte. Entweder nimmt sie die in den Werken benötigten Waffen mit sich auf die Gefahr hin, dass diese im Kampf vor dem Reduit teilweise verloren gehen und damit beim Schlusskampf im Reduit selbst nicht mehr zur Verfügung stehen, oder sie lässt sie in den Werken und zieht nur mit unvollständigen Waffenbeständen ins Feld. Im einen und anderen Fall ist die Lösung unbefriedigend. Die Werke der 1. Div verfügen alle über Trinkwasser und Ventilation; dagegen liegen die Telefoninstallationen im Argen. Die meisten Werke haben überhaupt keinen telefonischen Anschluss; insbesondere haben sie auch Unterschiede zu den Werken der 2. Div keine Möglichkeit, Aussenbeobachtungsposten mit Telefon zu verbinden.
Bedenklich ist, dass die die beiden grossen Werke La Tine und La Tzintre, obschon beide abgesehen von der Anlieferung der 7,5 cm Kanonen vollendet sind und mehrmals von der Truppe besetzt waren, heute noch über keine Telefonzentrale verfügen. Der Fehler soll anscheinend beim 1. AK liegen. Zu den Werken mit nichtpermanenten Waffen im Sektor der 3. Div gehören auch eine Anzahl von Art. Werken, die vom Baubureau des 1. Ak erbaut wurden. Es handelt sich um die 3 grossen Art. Werke Legi (Beatenberg) für 8 schwere Feldhaubitzen, Waldbrand (ebenfalls Beatenberg) für 8 10,5cm Mot Kan und Burgfluh bei Wimmis für 8 schwere Feldhaubitzen und 4 Feldkanonen. Diese 3 grossen Art. Werke sind unter Fels und, abgesehen von einer Anzahl Installationen, vollendet. Mit den Waffen wurde überall geschossen. Die Munition ist eingelagert.
Um das Jahr 2009 wurde das Werk endgültig ausgeräumt, heute ist es in Privatbesitz und nicht mehr zugänglich. Es ist also nicht klar, was der Besitzer in der Anlage macht.
Originale Kanonen gefunden
Das Werk La Braye hatte offenbar bis in die achtziger Jahren vier mobile Geschütze und vier fest montierte 10,5 cm Bunkerkanonen. Die mobilen wurden dann entfernt – aber Anfang der 1990-er Jahre durch Br Schmid und Maj Pellaton wieder installiert (so wurden denn auch die Batterien namentlich bezeichnet). Das spezielle an diesen mobilen Geschützen ist laut Verein Schweizer Armeemuseum (VSAM), dass es die «letzten noch aufgefundenen beziehungsweise verbliebenen Geschütze in der Originalkonfiguration der Beschaffung sind. Einzig die Zusatzelemente am Schutzschild wie Kleber und Rohrwischerstange wurden nachgerüstet».
Alle vier Geschütze wurden im Jahr 2000 oder 2001 im Werk zerlegt, draussen wieder zusammengebaut – sonst hätte man sie nicht aus den Geschützständen entfernen können – und an den VSAM überführt (heute im Besitz der Stiftung Historisches Armeematerial). Dort bildeten sie die Grundlage für den Rückbau auf den Originalzustand der Beschaffung, da die Stiftung möglichst alle Versionen des betreuten historischen Armeematerials wieder herstellen will.