Sperrstelle 2144 – Kandersteg BE
Kandersteg ist nicht als Sperre zu bezeichnen, obwohl dem Ort mit dem Nordportal des Lötschberg-Bahntunnels natürlich eine gewichtige Bedeutung zukommt.
Da im Zweiten Weltkrieg eine Besetzung der Nord-Süd-Verbindungen durch die Deutschen zu befürchten war, wurde der Ort mit Truppen belegt. Auch eine Ortswehr wurde aufgestellt, zudem ist die Verlegung eines Teils der Pferdekuranstalt Sand-Schönbühl zu erwähnen. Ebenfalls sind bis zu 800 internierte französische Soldaten einige Zeit in Kandersteg untergebracht, abgelöst durch zivile Flüchtlinge, die später oft als Feriengäste zurückkamen.
Zahlreiche Material- und Unterkunftsbaracken wurden im Aktivdienst auf Kandersteger Gemeindegebiet erstellt. Mit dem Aufbau des Reduits wurde ein Teil des Armeesanitätsmagazin (später Armeeapotheke) von Bern ins Landesinnern nach Kandersteg verlegt. Die bekannten Durisolbaracken entstanden vor allem am Dorfeingang, die mittlerweile fast alle wieder verschwunden sind. Ebenfalls wurde in dieser Zeit das Zeughaus aufgebaut.
Mehrere Sprengobjekte in der Lötschberg-Bahnlinie wurden erstellt, das wichtigste im Nordportal des Tunnels. Später folgte auch eines in der erneuerten Staatsstrasse (Bühlstutz).
- M2823 Sprengobjekt Lötschbergtunnel Nord BLS – 617500/147520 – 6 Stollenminen in jeder der beiden Tunnelwände, total 1108,8 kg Trotyl – 1 Zündstelle – frühere Bezeichnung 4312. Selbst. Zerst. Det. 64. 1983 Umbau auf PSD75.
- M2824 Sprengobjekt Lötschbergtunnel Süd BLS – 624110/135590 – 2×5 Aussparungen in Tunnelwand, Selbst. Zerst. Det. 64. 1962 aufgehoben. Nummer für das neue Sprengobjekt Bühlstutz verwendet.
- M2824 Sprengobjekt Bühlstutz – Sprengschächte in der obersten Kehre der Staatsstrasse Spiez-Kandersteg.
- M2825 Sprengobjekt Lonza-Brücke Goppenstein – 624400/134800 –795 kg TNT. Selbst. Zerst. Det. 64. 1977 aufgehoben.
Allgemeine Übersicht
In Richtung Süd wurden an diversen Stellen Gebirgsunterkünfte in unterschiedlicher Bauart erstellt. Diese waren als rückwärtige Verteidigungslinie gedacht und hatte nur sekundäre Bedeutung. Dies zeigt sich dadurch, dass lange nicht alle geplanten Objekte verwirklicht wurden und viele davon nach dem Aktivdienst rasch aus den Objektlisten verschwanden.
Massgebend für die Planung und Erstellung war das Ter Rgt 87 (Kampfgruppe Hochalpen der 3. Division) und insbesondere das Ter Bat 175. Die Bauabschnitte der Kampfgruppe Hochalpen sahen wie folgt aus:
- Abschnitt Gemmi (Lämmerenhorn, Gemmipass, Roter Totz)
- Abschnitt Klus-Stock (Klus, Winteregg, Sittelmatte)
- Abschnitt Lötschenpass-Mutthorn (Gitzifurgge, Römerweg, Balm, Mutthorn, Gamchilücke, Alpetli)
- Abschnitt Lötschberg (inkl. Detachement Goppenstein)
- Abschnitt Jungfrau (Trugberg, Kranzberg, Mönchsjoch)
- Depot Kandersteg (Material- und Unterkunftsbaracken)
Grosse Angst herrschte, dass der Kanderfirn von deutschen Luftlandetruppen besetzt wird, die dann zum Tunnel vorstossen würden. Im Plan Böhme der deutschen Wehrmacht wurde festgehalten: «Am Morgen des ersten Angriffstages sind durch die Luftwaffe abzusetzen: Eine Fallschirmjäger-Division mit Einheiten in Brig (Lötschberg-Simplon), Frutigen (Lötschberg), Spiez-Thunersee, Thun (Simmentalbahn), ferner noch an den Reduitflugplätzen.»
Beim Eingang des Gasterntals, beim Zusammenfluss von Schwarzbach und Kander, sind deshalb künstlich geschaffene Höhlen zu finden, die als Stellungen für Mg 11-Maschinengewehre dienten (aber ursprünglich für mehrere Kavernen gedacht waren). Dort sollte Widerstand gegen allfällig im Gasterntal gelandete Einheiten geleistet werden. Auch die erste Seilbahn auf den Stock (Sunnbüel) war militärischen Ursprungs.
Oft waren Flabeinheiten in und um Kandersteg im Dienst, sie nutzten die heutige Adolf Ogi-Strasse als Standort, um auf Flugzeug-Schleppsäcke zu zielen. Auf dem Bühl war ein Fliegerbeobachtungsposten erstellt worden. Bevor das Gasterntal nach dem Weltkrieg zum regulären Flab-Schiessplatz wurde (und später von den Leichten und Mechanisierten Truppen genutzt wurde), benutzte eine Nebelkompanie das Tal als Übungsgelände (1942). Dies wohl auch im Zusammenhang mit den befürchteten deutschen Luftlandungen.
Ganz zuhinterst im Dorf, im Eggeschwand, stand die Kaserne Bären (ehemals ein Hotel). Wegen baulichen Mängeln wurde sie abgerissen und als Zwischenlösung durch ein Containerdorf ersetzt. Irgendwann wird vielleicht ein Neubau folgen…
Weitere Informationen über die Sperrstellen der «Kampfgruppe Hochalpen», die zahlreichen Gebirgsunterkünfte, die entsprechenden Militärseilbahnen, das Gasterntal und das Sprengobjekt im Nordportal des Lötschbergtunnels sind in einem Buch im Verlag HS-Publikationen nachzulesen.